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Zunächst einmal wird die Blockchain mit nicht leicht zu verstehenden Konzepten wie Konsensalgorithmen, Hashing, Distributed Ledger und Bitcoin Mining beschrieben. Diese obskur klingenden Begriffe sind nicht nur Details unter der Haube, die nur Techniker verstehen müssen. Ihr Verständnis entscheidet darüber, ob die Blockchain überhaupt in Frage kommt, für welche Anwendungen sie sich am besten eignet und wie sie am kostengünstigsten und effektivsten implementiert werden kann.

Der Schlüssel für den Blockchain-Einsatz liegt darin, ein genaues Bild davon zu haben, was die Blockchain wirklich kann und was nicht. Man muss sich klar sein, welche Auswirkungen die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten haben – insbesondere seine Netzwerkarchitekturen – und wo die Grenzen zwischen Blockchain und möglicherweise besseren Alternativen liegen. Nur so können Sie aus der Blockchain einen Nutzen ziehen und vermeiden, Geld für spektakuläre Fehlschläge zu verschwenden.

Von der Lieferkette bis zum Autotacho

Blockchain lässt sich auch für die Industrie 4.0 nutzen – zum Beispiel, um Lieferketten besser zu steuern. Das spart Zeit und Kosten. Die Telekom testet mit dem Rotterdamer Hafen, wie Informationen aus Produktionsprozessen hinterlegt werden können – zum Beispiel bei der Transportüberwachung. Trifft ein Schiff eine halbe Stunde zu früh im Hafen ein, kann der LKW-Fahrer, der die Ladung entgegennimmt, bislang kaum auf die Verschiebung reagieren. Zeitverlust und finanzielle Einbußen sind die Folgen. Mit der Blockchain-Technologie ließen sich Frachtinhalte entlang der ganzen Lieferkette in Echtzeit verfolgen. Zwar existieren Transportwegüberwachungen bereits seit Längerem, allerdings oft mit vielen Lücken. Die Ursache: Nicht alle am Logistikprozess beteiligten Parteien haben Zugriff auf die Daten. Diese Lücke könnte mittels Blockchain geschlossen werden. Ein weiterer Vorteil: Das aufwändige Handling von Frachtpapieren könnte auf Dauer entfallen.

Ein Beispiel: gefälschte Produkte im internationalen Handel. Unechte Medikamente etwa gefährden Gewinn und Ansehen des Herstellers und die Gesundheit der Patienten. Über die Blockchain ist es möglich, Produkte oder Produkteigenschaften fälschungssicher abzuspeichern. Ein verborgener Code, der direkt auf die Tabletten gedruckt wird, mache die Lieferkette nachvollziehbar und komme Anomalitäten auf die Spur – so das Softwareunternehmen Xain. Und der Bosch-Konzern hat ein Projekt gegen manipulierte Autotachometer gestartet. Meldet das Auto regelmäßig seinen Tachostand an die Datenbank, kann die Zahl der gefahrenen Kilometer bei einem Verkauf des Autos nicht zurückgesetzt werden.

1. Supply-Chain-Management

Covid-19 hat die weltweiten Lieferketten seit dem Frühjahr 2020 teils massiv beeinträchtigt. Aufgrund von Materialmangel mussten viele Industriezweige die Produktion herunterfahren, konnten weniger Güter herstellen und verloren zum Teil stark an Umsatz. Gleichzeitig sind die Containerpreise für die Ver­schiffung von Waren rapide gestiegen.

Patrick Zahn, CEO des Textil-Discounters KiK, weiß um die Fragilität von Lieferketten. In seinem Unternehmen arbeitet seit 2018 ein kleines Team an innovativen Blockchain-Lösungen, um das Supply-Chain-Management schneller, sicherer und transparenter zu machen. Schließlich wollen immer mehr Kundinnen und Kunden wissen, woher das T-Shirt kommt, das sie bei KiK kaufen. „Wir erhoffen uns vom Einsatz der Blockchain einen Wettbewerbsvorteil, weil wir damit die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards besser kontrollieren können“, erklärt Zahn. Mit Inkrafttreten des Lieferketten­gesetzes zum 1. Januar 2023 werde das für deutsche Firmen ohnehin Pflicht. Zahn glaubt deshalb: „Das Gesetz wird andere Unternehmen dazu bringen, in Zukunft ebenfalls auf die Blockchain zu setzen.“

Denn: Ab 1. Januar 2023 werden Unternehmen mit mindestens 3.000 und ab 1. Januar 2024 mit mindestens 1.000 Beschäftigten durch das im Juni 2021 verabschiedete Lieferkettengesetz ohnehin verpflichtet. KiK will aber schon früher die Lieferketten durchleuchten – unter anderem weil immer mehr Kundinnen und Kunden wissen wollen, woher das T-Shirt kommt, das sie beim Discounter gekauft haben.

2. Mobilität

Die Mobilität effizienter, sicherer und vor allem nachhaltiger zu machen ist aktuell eine der größten Heraus­forderungen. Das Bundesverkehrsministerium und das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik gaben bereits im Mai 2019 ein Gutachten heraus, in dem sie mögliche Anwendungsszenarien für die Blockchain im Mobilitätssektor vorgestellt haben – unter anderem in den Bereichen Transport und Logistik, Mobilitätsplattformen sowie voll automatisierte Mobilität. Mit dem Projekt „Open Mobility System“ gab es sogar Versuche, mithilfe der Blockchain ein fälschungssicheres und datenschutzkonformes Ticket für Bus, Bahn und Flugzeug anzubieten.

Aber auch die Automobilkonzerne sehen in der Blockchain-Technologie großes Potenzial, das autonome Fahren oder die E-Mobilität zu forcieren, während Carsharing-Anbieter über die Blockchain beispielsweise Pay-per-Use-Abrechnungen für Mietwagen oder Flotten einfacher realisieren könnten.

3. Kunst

Picasso war gestern: Digitale Kunst ist rasant auf dem Vormarsch. Und: Es ist ein millionenschwerer Markt. Im Frühjahr versteigerte das Londoner Auktionshaus Christie’s eine Collage aus 5.000 digitalen Bildern des US-Künstlers Beeple für beeindruckende 69,3 Millionen US-Dollar. Das Kunstwerk wurde mithilfe von auf der Blockchain gespeicherten Non Fungible Token (NFT) verschlüsselt, ist dadurch einzigartig und fälschungssicher. Auch in der Musikindustrie könnten NFT Zukunft haben. Popmusikerin Grimes, mit der Tech-Pionier Elon Musk einen Sohn hat, hat bereits digital verschlüsselte Musik und Videos verkauft. Der deutsche Künstler Fynn Kliemann versteigerte über die NFT-Plattformen „Rarible“ und „Open Sea“ 100 Jingles für insgesamt 250.000 Euro.

4. Gesundheit

Wie bei Textilien oder Lebensmitteln könnte die ­Blockchain auch dabei helfen, die Wertschöpfungskette von Medikamenten transparenter zu machen. So ließe sich der illegale Handel mit gefälschten Pharmazeutika unterbinden, weil der gesamte Herstellungsprozess und der Transportweg auf der Blockchain abgelegt wird. Das Bundesgesundheitsministerium hat 2019 einen Ideenwettbewerb durchgeführt. Das Ergebnis: Blockchain-Lösungen könnten unter anderem dem Betäubungsmittelmissbrauch vorbeugen oder bei Patienteneinwilligungen zum Beispiel für Organ­transplantationen helfen.

Damit nicht genug: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte hat bereits im Dezember 2017 in einer Studie darauf hingewiesen, dass in Zukunft auch Patientendaten digital und sicher auf der Blockchain gespeichert und von Ärzten abgerufen werden können, was die medizinische Versorgung in vielen Fällen stark beschleunigen würde.

5. Cybersecurity

Ob Internet of Things, Business Intelligence oder Industrie 4.0: Daten werden für Unternehmen und ihre Prozesse immer wertvoller. Umso wichtiger ist es, sie vor Cyberangriffen zu schützen. So könnte in Zukunft die Distributed-Ledger-Technologie dafür sorgen, dass sensible Daten gut geschützt auf der Blockchain liegen. Kryptowährungen und die Finanzbranche zeigen bereits eindrucksvoll, dass und wie es geht.

Wie können Unternehmen von der Blockchain profitieren?

In Unternehmen kommen Blockchains vor allem bei Prozessen zum Tragen, an denen mehrere Parteien beteiligt sind, die alle auf dieselben Daten zugreifen müssen, aber alle über leicht unterschiedliche oder veraltete Informationen verfügen, „so dass ein enormer Zeitaufwand für den Datenabgleich entsteht“, sagt Martha Bennett.

Da die Blockchain Zwischenhändler ausschaltet und Prozesse, die oft Zeit und Mühe kosten, weitgehend automatisiert, hat sie das Potenzial, IT- und Arbeitskosten einzusparen. Sie beschleunigt auch den elektronischen Handel und das Finanzwesen und ermöglicht neue Geschäftszweige. Ebenso kann sie Unternehmen dabei helfen, ihren Kundenstamm zu vergrößern, Kunden effizienter zu erreichen und das Universum der Lieferanten und Partner zu erweitern.

Die Vorteile der Blockchain ergeben sich in erster Linie aus dem Vertrauen, das sie fördert, dem eingebauten Schutz der Privatsphäre, der Sicherheit und der Datenintegrität sowie ihrer Transparenz.

Quellen:

https://www.lbbw.de/artikelseite/maerkte-verstehen/blockchain-nimmt-in-deutschland-fahrt-auf_7dsvrzbff_d.html

https://www.computerweekly.com/de/ratgeber/Leitfaden-zu-Blockchain-Worauf-Unternehmen-achten-muessen

Bildquelle:

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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Michael
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